Gegner
Mit Herz und viel Mut in den Kampf

Der 1. FC Nürnberg erlebt nach der Rückkehr in die Bundesliga eine Berg- und Talfahrt der Emotionen, aber dank Trainer Michael Köllner beweisen die Franken immer wieder Standfestigkeit.

Am Ende waren die Pfützen, die der Dauerregen hinterlassen hat, ein Glücksfall für den 1. FC Nürnberg. Denn „auf normalen Terrain zu normalen Verhältnissen“, gab Verteidiger Georg Margreitter zu, hätte man keine Chance gehabt gegen Bayer Leverkusen. Es ging für die Franken darum, in den entscheidenden Momenten nicht auszurutschen. Mit dem 1:1 am 13. Spieltag baute der Aufsteiger die Negativserie zwar auf sieben sieglose Partien nacheinander aus, aber der Punktgewinn fühlte sich wie ein Sieg an.  „Für die geschundene Seele der vergangenen Wochen ist es sehr wohltuend, dass wir mit Kampf und Moral gegengehalten haben“, sagte Margreitter, der mit seinem Treffer dem Club den Punkt gerettet hat.

Trotz gestärkter Moral hat sich für Trainer Michael Köllner die Ausgangsposition vor dem Derby gegen den FC Bayern nicht verändert. „Wenn man es realistisch betrachtet, haben wir keine Chance“, sagte er, dazu müssen die Nürnberger in München auf Kapitän Hanno Behrens verzichten. Der Mittelfeldspieler, der in allen bisherigen 13 Liga-Partien in der Startfeld stand, laboriert an einer Bauchmuskelzerrung.

Wie die meisten Spieler beim 1. FC Nürnberg betrat auch Köllner mit dem Aufstieg in die Bundesliga im vergangenen Sommer Neuland – so wie schon ein gutes Jahr zuvor, als der damalige Leiter des Nachwuchszentrums zum Cheftrainer befördert worden war. Mit 47 Jahren übernahm er seinen ersten Posten im Profifußball. Es sei nicht „in meiner Vorstellung gelegen, Cheftrainer eines Erstligisten zu werden“, gab er zu, aber natürlich träume man davon „als einer, der den Fußball liebt“. Schon bald wurde er in den Medien als „Glücksfall für den Club“ bezeichnet. Der gebürtige Oberpfälzer, der sich bei der Bundeswehr zum Zahnarzthelfer ausbilden ließ und bei der Abschlussprüfung der einzige Mann unter 300 Frauen war, versucht, seine Mannschaft nicht nur taktisch und fußballerisch weiterzuentwickeln, sondern auch in Punkto Allgemeinbildung. So schenkt er seinen Spielern gerne mal Bücher oder regt in der Kabine politische Diskussionen an. ​​​​​

„Für die geschundene Seele der vergangenen Wochen ist es sehr wohltuend, dass wir mit Kampf und Moral gegengehalten haben ...“

Georg Margreitter

14 Monate nach seinem Bundesliga-Debüt führte Köllner den „Club“ zurück ins Oberhaus. Das Ziel, das im Sommer ausgegeben wurde, war bescheiden, der Etat für Transfers im Vergleich mit anderen Bundesligisten ebenfalls. In Torhüter Christian Mathenia und dem Ex-Bremer Robert Bauer für die Defensive holten die Franken schnell zwei Spieler mit Bundesliga-Erfahrung, kurz vor dem Saisonstart dann noch den 24-jährigen Japaner Yuya Kubo vom belgischen Erstligisten Gent auf Leihbasis. Aber im Wesentlichen setzte der Verein auf den Kern der Aufstiegsmannschaft. „Es ist eine eingespielte Mannschaft, und ich glaube, dass wir uns steigern und dem Niveau anpassen können“, sagte Kapitän Behrens im Sommer. Köllner war überzeugt, den Klassenerhalt schaffen zu können mit seinem Team, das er als „spannend und hungrig“ bezeichnete. Er versprach mutig, sich als Außenseiter nicht zu verstecken und den eigenen Ballbesitz zu forcieren. „Das ist angenehmer zu spielen, als wenn du nur drinnen stehst und der Kugel hinterherläufst.“ 

Der Prozess der Weiterentwicklung sei noch nicht zu Ende, sagte Köllner im August – und erlebte nach einem ordentlichen Start eine emotionale Berg- und Talfahrt. Zwischen zwei hohen Niederlagen (0:7 in Dortmund und 0:6 in Leipzig) gelang der erste Saisonsieg, ein deutliches 3:0 gegen Mitaufsteiger Düsseldorf. Es blieb allerdings bisher der einzige Sieg für die Franken nach der Rückkehr in die Bundesliga. Aber gerade die Partie gegen Leverkusen mit dem gefühlten Sieg war für Köllner der Beweis, dass es stimmt in seinem Team - trotz der Schwierigkeiten, sich gegen die individuell stärker besetzte Konkurrenz in der Bundesliga zu behaupten: „Du brauchst eine Mannschaft mit viel Charakter, mit Mentalität und Herz und mit einem brutal starken Willen." Und das Glück, in den entscheidenden Momenten nicht auszurutschen.​​​​​​